Außenansicht eines Hallengebäudes im Triebwerk München

Brownfield-Redevelopments

Großer Nutzen trifft auf hohe Komplexität

Portraitfoto von Dr. Joachim Wieland, CEO Aurelis
Erschienen in: Handelsblatt Journal | Sonderveröffentlichung zum Thema Immobilienwirtschaft | November 2023

Sei es im Ruhrgebiet oder in den süddeutschen Metropolen: Für die Entwickler von Gewerbeparks und Logistikimmobilien steht kaum noch freies Bauland zur Verfügung. Eine mögliche Lösung, der Flächenknappheit entgegenzuwirken, besteht darin, für aufgegebene Werksareale, Kraftwerke, Zechen und ähnliche Brownfields ein umfassendes Redevelopment durchzuführen.

Dieser Ansatz ist derzeit besonders relevant, da zahlreiche deutsche Unternehmen angesichts der veränderten Kostenstrukturen sowie des anhaltenden Fachkräftemangels ihre Strategie überdenken und dementsprechend Flächen frei werden könnten.

Einer Umfrage des Bundesverbands der Deutschen Industrie zufolge waren 16 Prozent der befragten Unternehmen zur Jahresmitte 2023 bereits aktiv dabei, Teile ihrer Produktion ins Ausland zu verlagern. Weitere 30 Prozent der Unternehmen erwägen dies in naher Zukunft. Darüber hinaus können immer kürzere Innovationszyklen, moderne Produktionstechnologien und veränderte Geschäftsmodelle dafür sorgen, dass künftig nicht mehr alle Bestandsflächen gebraucht werden – selbst, wenn ein Unternehmen weiterhin am Standort bleibt.

Wirtschaftliche, ökologische und soziale Überlegungen treffen zusammen

Im Gegensatz zu Greenfield-Entwicklungen besitzen Brownfields einige zentrale ökonomische Vorteile. Erstens befinden sie sich häufig in Metropolen, entweder am Stadtrand oder sogar in der Kernstadt, weshalb sie durch ihre Nähe zu Endkunden und Arbeitskräften wichtige Alleinstellungsmerkmale bieten.

Zweitens sind sie durch ihre vorherige Nutzung infrastrukturell meist sehr gut erschlossen. Dementsprechend finden sich passende Dienstleister, Gastronomen, Einzelhändler oder ähnliche Unternehmen in der Nähe, was sie sowohl unternehmerisch als auch aus Arbeitgeberperspektive interessant macht. Lieferketten können dadurch schneller und effizienter aufgezogen werden als bei einer Neuentwicklung auf der grünen Wiese.

Aus Sicht der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit sind Brownfield-Redevelopments ebenfalls sinnvoll, da die Versiegelung neuer Flächen verhindert wird. Das wiederum steht im Einklang mit dem Vorhaben der Bundesregierung, den täglichen Flächenverbrauch auf weniger als 30 Hektar pro Tag zu senken. Das Umweltbundesamt formuliert mit 20 Hektar sogar noch ehrgeizigere Ziele. Darüber hinaus kann bei der Entwicklung eines Brownfields die Freisetzung grauer Energie[1] vermieden werden, da Teile der Bausubstanz oft entweder weitergenutzt oder aber gezielt recycelt werden.

Wunden im Stadtbild werden geschlossen und einer neuen sinnvollen Nutzung zugeführt.
Portraitfoto von Dr. Joachim Wieland, CEO Aurelis
Dr. Joachim Wieland CEO Aurelis Real Estate

Was den sozialen Aspekt der Nachhaltigkeit betrifft, so findet bei einem Brownfield-Redevelopment häufig die Öffnung eines vormals geschlossenen Areals statt. Die Flächen werden also der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Außerdem werden bei länger leerstehenden Brownfields Wunden im Stadtbild geschlossen und einer neuen sinnvollen Nutzung zugeführt.

Know-how und Kostenbewusstsein

Die Komplexität eines groß angelegten Redevelopment-Projekts darf in Bezug auf die Kosten, die Dauer und eventuelle Umweltfragen allerdings nicht unterschätzt werden. Die Immobilien auf Brownfield-Arealen wurden in aller Regel gebaut und genutzt, als ökologische Nachhaltigkeit auf Gebäudeebene kaum eine Rolle gespielt hat. Dementsprechend sind unangenehme Überraschungen an der Tagesordnung, die meist aber erst während des Projektverlaufs ersichtlich werden.

Außerdem gilt es, rechtliche Anforderungen an den Umgang mit Stoffen aus Bau- und Abbruchabfällen oder Bodenmaterial zu beachten. Eine entscheidende Änderung hat hier die kürzlich in Kraft getretene Ersatzbaustoffverordnung herbeigeführt, nach der sämtliche auf einem Grundstück eingebaute bzw. verwendete Materialien dokumentiert werden müssen, was zu höheren Entsorgungskosten führen wird. Entwickler müssen zudem die hohen ESG-bezogenen Auflagen der Kommune auf Quartiers- und Objektebene erfüllen. Dafür ist ein enger Dialog mit der Kommune unumgänglich, schließlich sollte das Ziel lauten, die Bestandsimmobilie nutzbar zu machen und aufzuwerten, anstatt primär Auflagen zu erfüllen.

Entwickler sind darauf angewiesen, ein hohes Maß an Eigenkapital langfristig zu binden.
Portraitfoto von Dr. Joachim Wieland, CEO Aurelis
Dr. Joachim Wieland CEO Aurelis Real Estate

Auch der Zeitfaktor sollte nicht unterschätzt werden. Denn obwohl die Kommunen solchen Vorhaben in aller Regel positiv gegenüberstehen, können sich die Prozesse oft sehr lang hinziehen – zumal auch Baurechtsänderungen nötig sind. Das sorgt auch mit Blick auf die Finanzierungssituation für große Herausforderungen, denn oft ist eine Kreditfinanzierung erst ab Satzungsbeschluss möglich. Mieteinnahmen gibt es in diesem Zeitraum meistens keine. Der Entwickler ist also darauf angewiesen, ein hohes Maß an Eigenkapital langfristig zu binden. Die alternativen Finanzierungswege über Mezzaninkapital oder Anleihen sind angesichts der neuen Zinsrealität und der schlechten Erfahrung der Gläubiger kaum noch möglich oder aber wirtschaftlich nicht sinnvoll.

Eine präzise Kalkulation im Vorfeld mit einer exakten und realistischen Bewertung des Projekts unter Berücksichtigung der vorgenannten Faktoren ist also essenziell. Welchen tatsächlichen Einstandswert hat das Bauland und in welcher Höhe sind Verkaufserlöse nach der gesamten Projektdauer realistisch? Hierbei ergeben sich viele Unwägbarkeiten. Erschließungskosten, Kosten für den naturschutzrechtlichen Ausgleich und Kosten für soziale Infrastruktur aus städtebaulichen Verträgen fallen genauso ins Gewicht wie die eingangs erwähnte Wartezeit bis zum möglichen Ertrag für den Entwickler. Diese Faktoren haben alle einen massiven Einfluss auf den Einstandswert der Areale.

Überschätzte Nachfrage oder die Verlockung der hohen Dichte

In den vergangenen Jahren gab es einige Beispiele für zu ambitionierte Planungen von Brownfield-Redevelopments – besonders dann, wenn es um groß angelegte Büroprojekte, oder Technologieparks ging. Die Grundproblematik begann in diesen Fällen häufig schon bei der planerischen Konzeption. Das Produkt, das entstehen sollte, passte nicht zur Flächennachfrage bzw. möglichen Absorption auf den Märkten. Oder es wurde zu stark vom theoretisch erzielbaren Verkaufsvolumen her gedacht, ohne die oben genannten Kosten zu berücksichtigen. Und so wurden mehrere Hunderttausend Quadratmeter Bürofläche oder riesige Technologieparks geplant, die für den Entwickler aufgrund des sich rein rechnerisch ergebenden Wertes verständlicherweise eine gewisse Verlockung mit sich brachte. In der Folge wurden die letzten Jahre deutlich zu hohe Kaufpreise für Brownfield bezahlt.

Die Kommune freute sich ebenfalls über eine hohe Flächendichte ohne Flächenfraß. Eine hohe Dichte bedeutete auch, dass theoretisch viele Jobs auf dem Areal geschaffen werden können – bei umgerechnet ca. 15 Quadratmetern Bürofläche pro Arbeitnehmer erschien eine Anzahl im vierstelligen Bereich bei Grundstücken über mehrere Hunderttausend Quadratmeter nicht unrealistisch. Dabei gibt es jedoch zwei Probleme: Die Flächenumsätze sind seit einiger Zeit deutlich rückläufig und es gibt keine deutsche Metropole, die in den nächsten Jahren einen tatsächlichen Bedarf an mehreren Hunderttausend Quadratmetern Bürofläche in der Peripherie hat. Selbst in den Topstädten erreichte der Leerstand den Analysen von BNP Paribas zufolge zur Jahresmitte 2023 5,6 Millionen Quadratmeter.

Den Fehlentwicklungen liegen aber auch häufig falsche Kalkulationen und irreführende Kennzahlen zugrunde. Das zeigt sich zum Beispiel anhand der in der Boomphase häufig publizierten Kennzahlen wie dem „Gross Development Value“ (GDV). Der GDV ist lediglich der fiktive Marktwert einer abgeschlossenen Projektentwicklung am Ende der Projektlaufzeit. Dieser Wert stellt den theoretisch maximal möglichen Verkaufspreis nach Fertigstellung dar. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind solche Zahlen allerdings nicht mehr haltbar, denn: Nicht der maximal mögliche Verkaufspreis ist relevant, sondern die Frage, ob er realisiert werden kann und wie profitabel sich das Projekt nach Abzug der Kosten darstellt.

Das Redevelopment der Redevelopments oder Logistik als Lösung

Doch was soll nun aus solchen Arealen werden? Fest steht, es muss in vielen Fällen eine Neukonzeption beziehungsweise Neuentwicklung des ursprünglich angedachten Redevelopments her – also der Büroprojekte, Technologieparks oder anderer städtebaulicher Projekte mit nicht marktgerechten Konzepten. In zahlreichen Fällen sind Gewerbeparks oder auch Logistikareale die erfolgswahrscheinlichere Lösung. Schließlich sind dort die Vermietungsmärkte in den Metropolregionen so heiß gelaufen, dass die Leerstände teilweise bei null Prozent liegen. Die daraus resultierende Angebotsverknappung hat die Mieten in den letzten Jahren deutlich steigen lassen. In den führenden Logistikmärkten wie Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln und München werden bereits Spitzenmieten im zweistelligen Bereich erzielt.

Darüber hinaus können die Vorhaben oftmals innerhalb des bestehenden Baurechts realisiert werden und die Baukosten je Quadratmeter sind deutlich niedriger als für hochverdichtete Bürokomplexe. Erfolgreich sind oft Gewerbeparks, die Logistiknutzungen mit Produktionsflächen, Showrooms oder Bürobereichen kombinieren. Manchmal kommen aber auch Flächen für Forschung und Entwicklung sowie Freizeitnutzungen hinzu, wenn die jeweiligen Mikrostandorte einen Bedarf für solche Nutzungen aufweisen.

Die Entwickler stehen bereit

Angesichts der sehr medienwirksamen momentanen Insolvenzen und der vielerorts stillstehenden Baustellen ist die Frage nur allzu berechtigt, wer derzeit überhaupt noch neue Projekte in Angriff nimmt. Für Entwickler mit ausreichend Eigenkapital und Brownfield-Erfahrung ist jetzt die Zeit gekommen, sich mit Investitionen zu beschäftigen und antizyklisch zu investieren. Jetzt, in der Abwärtsbewegung des Zyklus – in der die Talsohle aber bei weitem noch nicht erreicht ist –, bietet sich wieder die Möglichkeit, realistische und marktgerechte Lösungen umzusetzen.

Aurelis und Brownfields

Seit über 20 Jahren erwirbt und entwickelt Aurelis Brownfields. Die Objekte revitalisiert das Unternehmen zu modernen Gewerbeimmobilien. Auf den Arealen entstehen urbane Quartiere.

Aurelis hat dadurch bis heute mehr als 13 Millionen Quadratmeter Brachflächen zur Baugreife geführt sowie Wohnraum für ca. 208.000 Menschen und Gewerbeflächen für über 156.000 Beschäftigte geschaffen.

In diese Objekte und Flächen investiert Aurelis:

Lage

Metropolregionen sowie Industrie- und Logistikcluster

Grundstücke

Green- und Brownfields ab 30.000 m²

Risikoprofil

Value-add- oder Manage-to-core-Immobilien sowie
opportunistische Ankäufe

Volumen

Gesamtinvestitionsvolumen ab 20 Mio. Euro
(inkl. Nebenkosten und Investitionen in die Immobilie)

Zum Ankaufsprofil von Aurelis

[1] Sie umfasst die CO2-Emissionen, die bei der Fertigung der Baustoffe, bei deren Transport zur Baustelle und bei der Errichtung des Gebäudes erzeugt werden. Auch die Emissionen, die durch den Abriss und die Abtragung der alten Bausubstanz freigesetzt werden, fallen in diesen Bereich.