Luftbild von Hannover mit Visualisierung der Neubauten des UnternehmerParks "Altes Stahlwerk"

Brownfields als Lösung für die langfristig steigende Flächennachfrage

Portraitfoto von Dr. Joachim Wieland, CEO Aurelis
Erschienen in: DVZ Magazin | Logistikimmobilien | April 2024

Ein Treiber soll weiterhin der E-Commerce sein: 2028 wird für den Handel mit Waren und Dienstleistungen im Internet ein Neubauvolumen von etwa 540.000 Quadratmetern erwartet.

Die Flächenknappheit treibt die Logistikbranche bereits seit langem um. Insbesondere in den Ballungszentren verschärft sie sich zunehmend und es gibt bereits erste Anzeichen, dass die Nachfrage nach Logistikflächen mittel- bis langfristig weiter ansteigen wird. Dies belegt eine Studie, die wir gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut durchgeführt haben. Gleichzeitig sind in vielen Regionen, die stark vom Strukturwandel betroffen sind, innerstädtische Flächen ungenutzt und verfallen.

Diese Entwicklung wird sich weiter verschärfen, wie eine Umfrage des Bundesverbands der Deutschen Industrie aus dem vergangenen Jahr zeigt: 16 Prozent der befragten Unternehmen waren demnach aktiv dabei, ihre Produktion zumindest teilweise ins Ausland zu verlagern, während 30 Prozent diesen Schritt in näherer Zukunft in Erwägung ziehen.

Kurzfristige Stagnation, langfristiges Nachfrageplus

Die Einschätzung der Nachfrageentwicklung von Logistikflächen für die nächsten fünf Jahre ist bisher ein weißer Fleck im Logistikimmobilienmarkt Deutschlands. Prognosen werden meist dominiert von Einschätzungen Dritter oder auch Ableitungen auf anekdotischer Basis. Aufgrund des sehr volatilen Marktumfelds in den letzten zwei bis drei Jahren werden derlei Prognosen allerdings zunehmend schwieriger und dadurch unpräziser.

Mittel- bis langfristig ist wieder mit einem Anstieg der Nachfrage zu rechnen. Getrieben ist sie unter anderem durch den Bedarf an energetischer Sanierung und Neuentwicklung von Logistikflächen zur Verbesserung der Energieeffizienz.
Portraitfoto von Dr. Joachim Wieland, CEO Aurelis
Dr. Joachim Wieland CEO Aurelis Real Estate

Anhand der von uns durchgeführten Studie wollten wir herausfinden, inwieweit diese erschwerten Marktbedingungen die Expansionspläne der Unternehmen einzelner Branchen verändert haben – oder aber dies noch tun werden. Dazu fanden unter anderem Interviews mit 40 Unternehmen bezüglich der unternehmenseigenen Logistikflächennachfrage sowie zu den derzeitigen Herausforderungen am Markt statt.

Das kurzfristige Ergebnis wirkt zunächst ernüchternd: Während der Flächenumsatz im Jahr 2022 bei über 8 Millionen Quadratmetern lag, sank er im Jahr 2023 auf nur noch ca. 5,6 Millionen Quadratmeter. Das Neubauvolumen reduzierte sich dabei von 4,9 auf circa 3,7 Millionen Quadratmeter. Ursächlich hierfür sind vor allem die deutlichen Kostensteigerungen im operativen Bereich. Für das Jahr 2024 zeichnet sich in der Logistikwirtschaft zunächst eine Phase stagnierender beziehungsweise leicht rückläufiger Flächennachfrage ab. Zwar wird ab Mitte des Jahres eine Zinssenkung erwartet, deren positive Folgen für den Immobilienmarkt dürften sich jedoch erst mit einer gewissen Zeitverzögerung bemerkbar machen. Die am häufigsten genannten Herausforderungen, die sich zurzeit für die Branche ergeben, sind neben der knappen Flächenverfügbarkeit der demografische Wandel, das hohe Zinsniveau und die zunehmende Regulierungsdichte.

Die andere Seite der Ergebnisse zeigt hingegen, dass mittel- bis langfristig wieder mit einem Anstieg der Nachfrage zu rechnen ist. Getrieben ist sie unter anderem durch den Bedarf an energetischer Sanierung und Neuentwicklung von Logistikflächen zur Verbesserung der Energieeffizienz. Anhand der Studienergebnisse wird für 2024 ein Flächenumsatz von 5,8 Millionen Quadratmeter prognostiziert, der sich in den darauffolgenden Jahren fortsetzt – auf circa 7,1 Millionen im Jahr 2028.

Neubauflächenumsatz steigt 2024 wieder an

Ein wesentlicher Treiber für die hohe Flächennachfrage dürfte auch weiterhin der E-Commerce sein, den ein beeindruckendes (und nur zuletzt stockendes) Umsatzwachstum begünstigte. Nach einem drastischen Rückgang der realisierten Neubauflächen Jahr 2023 ist ab 2024 wieder mit einem Anstieg zu rechnen. Für 2028 wird ein Neubauvolumen von circa 540.000 Quadratmetern erwartet. Ähnlich sieht es im Einzelhandel und bei den Logistikdienstleistern aus. Während in beiden Segmenten die Nachfrage 2023 stagnierte, ist ebenfalls mittelfristig wieder mit einem Anstieg zu rechnen, sodass sich die Märkte wieder stabilisieren dürften. Bei der klassischen Industrie hingegen dürfte sich die Nachfrage auch künftig in Grenzen halten.

Komplizierter Prozess der Baurechtschaffung

Mit einem prognostizierten Anstieg des Flächenumsatzes und des Neubauvolumens der Logistik wird sich also das Problem der Flächenknappheit nicht von selbst lösen. Insbesondere in dicht besiedelten und industriell geprägten Regionen wie dem Ruhrgebiet, Stuttgart oder München stehen kaum noch geeignete Greenfields für neue Entwicklungen zur Verfügung. Verschärft wird diese Situation durch den komplizierten Prozess der Baurechtschaffung und die oftmals kritische Haltung der Kommunen gegenüber neuen Logistikprojekten.

Luftbild von Hannover mit Visualisierung der Neubauten des UnternehmerParks "Altes Stahlwerk"
Entsteht auf einer ehemaligen Brachfläche: Der UnternehmerPark „Altes Stahlwerk“ in Hannover-Linden

Eine Möglichkeit, diesem Problem zu begegnen, bietet die Revitalisierung von Brownfields. Insbesondere hinsichtlich ihrer Lage bringen solche Areale einzigartige Vorteile mit. Sie befinden sich häufig in etablierten und infrastrukturell bereits gut erschlossenen Gebieten und lassen sich in der Regel leichter innerhalb des bestehenden Baurechts realisieren. Dadurch bieten sie nicht nur Chancen für die Entwicklung großflächiger Logistikhallen, sondern auch für flexible Gewerbeparks, die Logistiknutzungen mit Produktionsflächen, Showrooms oder Bürobereichen kombinieren.

Solche Brownfield-Revitalisierungen stellen Entwickler aber auch vor zahlreiche Herausforderungen. Dazu gehören kaufmännische Aspekte wie Eigenkapitalbeschaffung und Finanzierung, baurechtliche Fragen sowie ökologische Themen wie Altlastensanierung. Ein effektives Risikomanagement wird damit zum entscheidenden Erfolgsfaktor solcher Projekte.

Brownfield-Revitalisierungen heilen bestehende Wunden im Stadtbild – und sie werden von den jeweiligen politischen Entscheidungsträgern dementsprechend oft begrüßt.
Portraitfoto von Dr. Joachim Wieland, CEO Aurelis
Dr. Joachim Wieland CEO Aurelis Real Estate

Die Fähigkeit, die verschiedenen Risiken zu identifizieren, zu bewerten und entsprechend zu steuern, ist für die nachhaltige Entwicklung von Brownfields unerlässlich. Angesichts der Projektdauer – fünf bis zehn Jahre sind hier realistisch – ist zudem häufig ein langer Atem nötig. Jedoch bieten Brownfields ein enormes Potenzial, dem Mangel an Flächen mit klugen Konzepten entgegenzuwirken.

Für Entwickler sowie Nutzer lohnen sich diese Mühen. Schließlich bieten Brownfields wegen ihrer zentralen Lage sowie der vorhandenen Infrastruktur erhebliche Standortvorteile gegenüber Greenfields. Nicht nur die Nutzerinnen und Nutzer, sondern auch der jeweilige Eigentümer erhält dadurch entscheidende Alleinstellungsmerkmale. Noch dazu eignen sich solche Projekte, um bestehende Wunden im Stadtbild zu heilen – und sie werden von den jeweiligen politischen Entscheidungsträgern dementsprechend oft begrüßt.