Internationale Fremdkapital-Investoren blicken mit Zuversicht auf Deutschland

Beitrag von Jochen Haitz, Head of Corporate DCM Deutschland & Österreich bei HSBC

Nach der Zinswende galt der deutsche Markt als schwierig – jetzt keimt neues Vertrauen: Vor allem internationale Investoren sondieren wieder aktiv Chancen in Deutschland. Was steckt hinter der vorsichtigen Rückkehr des Kapitals? Welche Märkte und Finanzierungsformen sind wieder gefragt? Und warum sind Anleihen plötzlich wieder spannend?

Vor etwa drei Jahren kam es an den Finanz- und Immobilienmärkten zu der Wende, die uns nach Jahren niedriger Zinsen und parallel steigender Bewertungen bis heute beschäftigt. Denn mit der Zinswende wuchs auch das Risiko für Kreditausfälle – ein Umstand, der das Vertrauen vieler Marktteilnehmer erschüttert hat. Insbesondere die Zunahme notleidender Kredite (Non Performing Loans, NPLs) hat dazu geführt, dass Investoren ihre Strategien überdenken und nun deutlich vorsichtiger agieren.

Die Folge: ein Strukturwandel am Markt. Unbesicherte Finanzierungen, etwa über Schuldscheine, werden derzeit kaum nachgefragt. Auch bei traditionellen Banken hat sich die Kreditvergabe spürbar verschärft. Projektentwicklungen sind hiervon besonders betroffen und werden nur noch selektiv finanziert.

Von risikobehafteten Chancen zu abgesicherten Investitionen

Während der Niedrigzinsphase waren die Rahmenbedingungen für Investitionen über Jahre hinweg äußerst günstig. Kapital war reichlich vorhanden, die Finanzierungskosten niedrig und die Märkte stabil. In diesem Umfeld gingen viele Investoren bewusst höhere Risiken ein – etwa durch unbesicherte Schuldscheine oder nachrangige Finanzierungen –, um Renditepotenziale voll auszuschöpfen.

Stabile Cashflows, lange Mietverträge und geringe Komplexität sind heute bei Investitionen entscheidend

Mit der Zinswende hat sich dieses Kalkül jedoch grundlegend geändert. Sicherheit steht nun im Vordergrund. Investoren bevorzugen konservative Strukturen, klare Besicherungen und Projekte mit nachvollziehbarem Cashflow.

Nehmen wir Versicherungen, Versorgungswerke und Pensionskassen – lange Zeit tragende Säulen im Markt – als Beispiel. Während in der Vergangenheit Finanzierungen mit höheren Loan-to-Value-Raten (LTV) von bis zu 70 Prozent durchaus üblich waren, sehen wir heute, dass der LTV selbst in abgesicherten Bereichen oft bei maximal 50 Prozent liegt. Bevorzugt werden Finanzprodukte, hinter denen Core-Objekte in etablierten Lagen mit stabilen Cashflows, langen Mietverträgen und geringer Komplexität stehen. Ähnlich ist die Entwicklung am Schuldscheinmarkt, wo viele Investoren sehr zurückhaltend agieren.

Aktive Investoren und die Suche nach sicherer Rendite

Trotz der insgesamt verhaltenen Stimmung zeigen sich internationale Fremdkapital-Investoren, vor allem aus dem angelsächsischen Raum, wieder aktiver – allerdings mit klaren Anforderungen. Belastbare Bewertungen und solides Risikomanagement etwa sind Voraussetzung für den Einstieg. Es überrascht daher nicht, dass diese Investoren preissensibler sind als ihre deutschen Kollegen. Sie suchen gezielt nach Investments, die den derzeitigen Marktgegebenheiten trotzen, und sind nur dann zum Kauf bereit, wenn die Objekte ihrer Preisvorstellung entsprechen.

Der Markt erholt sich – wenn auch nur selektiv.
Jochen Haitz Head of Corporate DCM Deutschland & Österreich bei HSBC

Anleihenmarkt – ein Comeback der Investitionen?

Ein weiterer Lichtblick ist der Markt für Unternehmensanleihen, insbesondere für unbesicherte Papiere mit externem Rating: Sinkende Zinsen und rückläufige Risikoaufschläge haben bis Anfang 2025 zu einer Stabilisierung des Marktes beigetragen. Anleihen, die zuvor aufgrund der hohen Zinsbelastung unattraktiv waren, gewinnen als Finanzierungsinstrument wieder an Bedeutung, da sich der Unterschied zu Bankenfinanzierungen verringert hat.

Stabilisierung mit Aussicht auf Wachstum

Der Immobilienmarkt ordnet sich neu – unter veränderten Rahmenbedingungen, mit neuen Anforderungen an Kapitalstruktur, Bewertung und Risikomanagement. In einigen Teilbereichen zeigt er Anzeichen einer Stabilisierung. Erste Transaktionen zu realistischeren Preisen, zunehmende Aktivitäten internationaler Investoren und wieder zugängliche Finanzierungsformen deuten darauf hin, dass sich der Markt neu ausrichtet. Noch handelt es sich um eine selektive Erholung – nicht um eine flächendeckende Trendwende.

Internationale Investoren blicken nach der Bundestagswahl und den beschlossenen Finanzpaketen für Verteidigung und Infrastruktur mit Zuversicht auf Deutschland. Sollte sich das Zinsumfeld weiter stabilisieren, könnten in den kommenden Monaten weitere positive Entwicklungen folgen.