
Märkte & Meinungen
Wer sich früh kümmert, hält den Schlüssel zum Erfolg in der Hand
Herr Düdden, wie beurteilen Sie die momentane Lage am Immobilienmarkt?
Der deutsche Immobilienmarkt verharrt auch zum Jahresauftakt 2025 auf niedrigem Niveau. So bewerteten die rund 1.000 befragten Immobilienexpertinnen und -experten das Deutsche Hypo Immobilienklima im Februar beispielsweise um 0,2 Prozent schlechter als noch im Vormonat. Besonders ausgeprägt war der Rückgang beim Investmentklima, das um 2,4 Prozent abnahm.
Auch aus der Perspektive der Aufseher sind die Gefahren am Immobilienmarkt nach wie vor nicht gebannt: BaFin-Chef Mark Branson schlug zum Jahresauftakt vor der Presse vorsichtige Töne an: „Wir können nicht erkennen, dass die Gewerbeimmobilienmärkte die Talsohle gefunden haben. Die Lage hat sich nicht entschärft, sie bleibt angespannt mit so wenigen Transaktionen“, zitierte die Immobilienzeitung den Chef der Aufsicht bei der Vorstellung des Risikoreports seiner Behörde wörtlich.
Nicht zuletzt ist die Zahl der Großinsolvenzen im vierten Quartal noch einmal gestiegen. Spitzenreiter war nach Angaben des Beratungsunternehmens Falkensteg der Sektor Automotive, gefolgt von Metallwarenherstellern und der Immobilienbranche mit acht Fällen. Wie lang die Insolvenzwelle läuft, lässt sich schwer voraussagen. Klar ist, dass sich eine entsprechende Marktsituation in mehreren Wellen vollzieht. Wenn sich nämlich der Markt mittelfristig nicht erholt, kommt es immer wieder zu Problemen bei der Refinanzierung.
Stichwort Refinanzierung: Am Markt ist die Rede von einer Finanzierungslücke. Was ist da dran?
Auch wenn einige Marktteilnehmer argumentieren, Risiken seien im Bankensektor heute anders verteilt als zur Zeit der großen Finanzkrise – als vor allem Großbanken in Schieflagen gerieten – bleibt die Refinanzierung eine Herausforderung für die Branche. Einer Studie von CBRE zufolge könnte sich Deutschland im Bereich Gewerbeimmobilien zu einem der größten Märkte im Segment der notleidenden Kredite in Europa entwickeln. Die Beleihungswerte im institutionellen Geschäft sind kontinuierlich rückläufig und liegen mittlerweile bei rund 55 Prozent. Bis 2027 beziffern die Marktbeobachter von CBRE die entstehende Finanzierungslücke bei Gewerbeimmobilien mit etwa 77 Milliarden Euro. Noch nicht berücksichtigt sind dabei Kredite, die in den vergangenen zwei Jahren prolongiert und ursprünglich 2018 und 2019 vergeben wurden.

Anders als in der großen Finanzkrise 2008 kommen dieses Mal die Auswirkungen für finanzierende Banken und Immobilienunternehmen nicht überraschend. Trotzdem sind sie sowohl bei der Risikogewichtung als auch bei den Kapitalanforderungen erheblich. Wie bereits ausgeführt, sind die Gefahren am Immobilienmarkt aus Sicht der Aufseher weiterhin nicht gebannt.
Für Immobilieninvestoren gilt es deshalb, alternative Finanzierungslösungen zu prüfen. Denn parallel zur Refinanzierungsthematik ziehen sich viele deutsche Banken ganz oder teilweise aus der Finanzierung von Immobilienprojektentwicklungen zurück. Zeitgleich finden sich Banken und andere Finanzierer in der Position des „wirtschaftlichen“ Eigentümers wieder, wenn die ursprünglichen Eigentümer ausfallen. Diese „neuen“ Eigentümer sind nun gefordert, aktiv zu werden, um den Wert ihrer Projekte zu retten.
Welche Optionen haben die neuen Eigentümer in dieser Situation grundsätzlich?
Der einfachste Weg ist, zu verkaufen, wie es steht und liegt. Im heutigen Marktumfeld bedeutet das nicht nur einen Preis unter Inkaufnahme deutlicher Verluste, sondern unterm Strich das niedrigste Ergebnis. Deshalb überrascht es nicht, dass viele Marktteilnehmer diese Option nicht in Betracht ziehen, auch wenn die Volatilität in der Preisbildung deutlich zurückgegangen ist.
Die zweite Option besteht darin, das Objekt fertigzustellen. Dabei stellt sich die zentrale Frage: Wer übernimmt die Finanzierung und wer die operative Umsetzung? Insbesondere Letzteres erfordert einen strukturierten Ansatz. Um diese Herausforderung erfolgreich zu meistern, sollten die wirtschaftlichen Eigentümer auf erfahrene Partner setzen. Gefragt sind ein versierter Projektmanager mit dem notwendigen Know-how für den Bauabschluss sowie neue Kapitalgeber, die die „Cost to Complete“ finanzieren. Idealerweise bedarf es eines Partners, der beide Bereiche – Finanzierung und operative Steuerung – zusammenführt und effizient koordiniert.
Bleibt eine dritte Möglichkeit: niedriger Kaufpreis mit Besserungsschein. Diese Option ermöglicht es Kreditgebern, an einer späteren Wertsteigerung des Objekts zu partizipieren. Ein Besserungsschein ist ein vertragliches Versprechen, bei dem der Verkäufer bei späterem wirtschaftlichen Erfolg – etwa durch den Verkauf – nachträglich einen zusätzlichen Betrag erhält. Ein Beispiel: Es kann unter Umständen sinnvoll sein, ein Objekt für 80 Millionen statt für 100 Millionen Euro zu verkaufen, wenn nach der Fertigstellung weitere 40 Millionen Euro Gewinn möglich sind.

Umso wichtiger ist auch die Rolle der begleitenden Berater. Sie sind nicht vorbelastet und können rational agieren, zwischen allen Beteiligten vermitteln und so letztendlich ein Konzept erarbeiten, das alle mittragen können: Der Kaufpreis muss niedrig genug sein, um attraktiv für einen Käufer zu sein. Der Käufer muss allerdings den wirtschaftlichen Eigentümern den niedrigen Kaufpreis durch einen fairen „Besserungsschein für die Zukunft“ schmackhaft machen.
Immer wieder ist die Rede von ausländischem Kapital. Welche Rolle spielen ausländische Investoren in dieser Marktphase?
Ausländisches Kapital war schon immer am deutschen Markt interessiert. Der Status als sicherer Hafen lockt. Allerdings waren aus der Perspektive ausländischer institutioneller Anleger die Renditen unattraktiv. In der Niedrigzinsphase blieben die deutschen Investoren gewissermaßen unter sich, Mezzanine-Finanzierungen eingeschlossen. Mittlerweile stellt sich die Situation anders dar: Ausländische Investoren sondieren aktiv. Was den Marktzyklus betrifft, haben wir die Bodenbildung erreicht – viel günstiger wird es nicht mehr.
Welche Erwartungen haben Sie für die kommenden Monate?
Ich gehe fest davon aus, dass es 2025 wieder mehr Transaktionen geben wird. Unsere Gespräche zeigen, dass sich Marktteilnehmer wieder intensiv mit den Themen befassen, über die wir eben gesprochen haben. Jetzt geht es darum, nach vorne zu blicken und rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen. Wer sich frühzeitig kümmert, hält den Schlüssel zum Erfolg in der Hand.